'Der arme Poet' von Carl Spitzweg
Bildanalyse "Der arme Poet" von Carl Spitzweg
Kein Bild ist so witzig und zugleich so tragisch wie das Ölgemälde "Der arme Poet" von Carl Spitzweg. Es entstammt dem OEvre des deutschen Künstlers Carl Spitzweg und zeigt auf nur 36 x 45 cm das ganze Drama des freien Geistes. Während das mittlerweile unbezahlbare Original von 1839 im Germanischen Nationalmuseum hängt, sind Nachdrucke des Motivs ein beliebtes Dekorations-Objekt in zahlreichen Studierstuben, Wohngemeinschaften oder Künstler-Cafés - also überall dort, wo der arme Poet moderner Zeiten seinen Auftritt hat. Welch treffende Milieu-Studie Carl Spitzweg mit seinem berühmt gewordenen Gemälde abgeliefert hat, offenbart sich erst bei genauerer Betrachtung. Zunächst fällt dem Betrachter natürlich die Hauptfigur - der arme Poet - ins Auge. Er liegt voll bekleidet auf einer ärmlich wirkenden Matratze. Gegen die offenbar herrschende Kälte in der Dachkammer schützen ihn mehrere Decken und eine Schlafmütze; vor eindringendem Regenwasser bewahrt ihn der löchrige Schirm über der improvisierten Bettstatt. Doch warum heizt er nicht - wo doch ein Ofen vorhanden ist und sogar schon Brennmaterial darin steckt? Dafür hat der spitzfindige Carl Spitzweg eine einfache Erklärung: Bei den Blättern, die im Ofenloch stecken, handelt es sich laut Aufschrift um "operum meorum fasciculum III" - "Das dritte Bündel meiner Werke". Der arme Poet wäre also im Interesse einer kurzfristigen Erwärmung gezwungen, seine geistigen Ergüsse zu verheizen - und zwar im eigentlichen Sinne ebenso wie im übertragenen. Ein Phänomen, das Künstler damals gleichermaßen beschäftigte wie heute. Carl Spitzweg hat es zwar übertrieben, aber doch recht treffend dargestellt - und liefert einen Grund, warum sich "Der arme Poet" noch immer so großer Beliebtheit erfreut.